Felicitas ist immer glücklich, was sie sehr unglücklich macht. Wir fanden sehr glücklich zusammen: sie verpasste ihren Flug in die DomRep, den sie in einem Preisausschreiben gewonnen hatte – ich verpasste meinen nach Helsinki, das Flugzeug liegt jetzt auf Ostseegrund. Alles, wegen eines Bombenalarms, der unseren Aufbruch verhinderte, sodaß wir, zufällig gemeinsam gestrandet, die Zeit bis zur Entwarnung totschlagen mussten. „Da haben wir ja Glück gehabt“, sagte sie und küsste mich, zurück auf dem Hotelzimmer, meinem, als die Katastrophenmeldung im TV mich unter ihr hochschrecken ließ. Wir liebten uns laut, ein zweites Mal.

Felicitas ist immer oben und hört Musik nur in Dur. „Es sind die Augenblicke, die wichtig sind“, sagt sie und meint damit eigentlich ihr ganzes Leben. Sie ist ein heiles Kind und liebevoll haben ihre Eltern mich aufgenommen, mir ist übel gewesen vom Pflaumenkuchen mit Schlag und zurück bei ihr haben wir uns wieder geliebt.

Sie ist so verrückt, ich muss immer noch lachen, wie sie mit einem Hündchen im Arm vor mir stand, aufgeregt mit geröteten Wangen. Er hat sie gefunden, ist ihr nachgelaufen den ganzen Weg nach Haus, da muss sie ihn doch behalten. Wir finden gemeinsam heraus, dass dieses Zotteltier ein Apso ist, ein Glückshund. Da kann sie nicht mehr anders.

Alle waren da zur Hochzeit, alles weiß und gold und lachend. Wir flogen in den Honigmond, natürlich Karibik, sie konnte uns das leisten mit ihrer Prämie für den Slogan „Denn Glück ist planbar“. Neider sagen ihr einen Glücksstern nach, dabei ist sie klug.

Meine Frau genießt das kommerzfreie Kuba, „es ist in den kleinen Dingen, das Glück“ und streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht.

Für unsere Zukunft fanden wir schnell ein perfektes Architektenhaus bei Potsdam. Wir liebten uns durch alle Zimmer und machten uns ein Kind. „Hanna ist ein Mongo,“ sagt Felicitas befreit, „sie ist unsere Gnade.“ Denn es ist das Besondere, lerne ich von ihr, das glücklich macht.

Mein Geschreibsel bringt sie bei einem Verlegerfreund unter, so haben wir unser Auskommen auch ohne ihre Karriere. Sie will ganz Mutter sein.

Felicitas glückt alles. Selbst ihre Affären. Deshalb, glaube ich, ist sie sehr unglücklich. Ich merke, dass es andere Männer gibt, selbst wenn sie mir keine Anlässe liefert, keine unerklärten Verabredungen, keine unbekannten Rufnummern, es wird ein Freund sein, denke ich mir, oder Zufallsbekanntschaften. Sex liegt auf der Straße, sie braucht sich nur bücken. Ich liebe sie für ihre Freundlichkeit und Umsicht, mit der sie ihre Amouren verbirgt.

Ich muss mitleidlos sein. Ich erschlage Lucky, er soll sie ein letztes Mal begrüßen, wenn sie mit Hanna von der Krankengymnastik zurückkommt, ich verbrenne meine Bücher im Wohnzimmer, die Fotoalben, die Videos, das Haus will nicht brennen, ich trinke den Courvoisier, die Flasche Abschied ihrer Kollegen, hoffe auf eindrucksvollere Flammen, aber es wird alles nur schwarz, das Laminat schlägt Blasen, ich bekomme kaum Luft, steige nach draußen, über den leblosen Hund. Es ist etwas theatralisch, aber ich nehme einen Flieger nach Helsinki.

Ich hoffe, sie wird jetzt wirklich, wirklich glücklich. Ich liebe sie sehr.