Unser Kalender
Der weltweit am meisten genutzte Kalender ist der Gregorianische Kalender. Die Jahreslänge und Einteilung dieses Kalenders richtet sich nach dem tropischen Jahr, der Zeitdauer zwischen zwei Frühlings-Tagundnachtgleichen. Da die Erde für den Umlauf um die Sonne geringfügig länger braucht als 365 Tage, schaltet der Gregorianische Kalender alle 4 Jahre einen Schalttag ein, lässt in allen durch 100 ganzzahlig teilbaren Jahren (1900, 2000, 2100 usw.) den Schalttag entfallen, es sei denn diese sind auch durch 400 ganzzahlig teilbar (1600, 2000, 2400 usw.). Auf diese Weise bleiben der kalendarische Frühlingsanfang und der astronomische, an dem die Sonne von der Erde den Frühlingspunkt erreicht, beieinander. An diesem Tag ist die Frühlings-Tagundnachtgleiche.
Anderer Kalender richten sich nicht nach der scheinbaren Wanderung der Sonne auf der Ekliptik, sondern nach dem leichter zu beobachtenden Mond. Diese Mond- oder Lunarkalender bestimmen den Monat als Mondumlauf, also als Zeitraum zwischen Neumond zum nächsten Neumond bzw. von Vollmond zum nächsten Vollmond. Diese Mondmonate sind durchschnittlich 29,53 Tage lang, weshalb sie kalendarisch entweder 29 oder 30 Tage lang sind. Mondkalender alternieren häufig zwischen diesen beiden Monatslängen. Ein Mondkalender mit einer Jahreslänge von 12 Mondmonaten ist damit unabhängig vom Sonnenkalender und weicht mit fortlaufender Jahreszählung immer weitere von diesem ab. Der Islamische Kalender als ein solcher freier Mondkalender zählt beispielsweise 33 Jahre, wo nach Gregorianischem Kalender erst 32 vergangen sind. Aus dem gleichen Grund ist ein ungebundener Mondkalender ungeeignet für die Bestimmung der Jahreszeiten. Die für die Jahreszeiten bestimmenden Tageslängen sind durch die Sonne bestimmt und lassen sich an den Tagundnachtgleichen und Sonnenwenden messen.
Lunisolare Kalender sind gebundene Mondkalender. Sie synchronisieren eine am Mond orientierte Teilung in Mond-Monate mit dem Lauf der Sonne auf der Ekliptik durch zusätzliche dreizehnte Mond-Monate alle zwei bis drei Jahre. Der Chinesische Kalender ist ein solcher Mond-Sonnen-Kalender. Der Japanische Kalender ist aus diesem Hervorgegangen und wurde den japanischen Gegebenheiten angepasst.
Der Chinesische Kalender
Die an der Sonne orientierte Einteilung des Chinesischen Kalenders1 beginnt mit der Wintersonnenwende (oder andernorts dem chinesischen Frühlingsanfang Anfang Februar) und dauert wie unser Jahr 365 oder 366 Tage.
Das Sonnen-Jahr suì wird jedoch nicht in 12 sondern in 24 Sonnen-Perioden geteilt. Diese 24 Sonnen-Perioden Jieqi (節氣 / 节气, Jiéqì, im Deutschen auch ‚Stationen‘ oder ‚Jahreseinteilungen‘ bzw. ‚solar terms‘ im Englischen genannt) werden durch die für die Landwirtschaft wichtigen jahreszeitlichen Beobachtungen benamt. Jeder zweite Jieqi ist ein Zhongqi (中氣 / 中气, zhōngqì), eine Haupt- oder Mittel-Periode. Die Punkte der Sonne auf der Ekliptik, an denen Tag und Nacht gleich lang (Tagundnachtgleiche), bzw. der längste Tag oder die längste Nacht ist (Sonnenwende in Sommer und Winter) entsprechen vier der 12 Zhongqi. Die 24 Stationen oder Perioden entsprechen eher den klimatischen Bedingungen in Nordchina als in Südchina. Sie sind seit 2016 auf der UNESCO Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit.
Das Mond-Jahr nián wird in Mond-Monate eingeteilt, die jeweils mit dem Neumonds-Tag um Mitternacht beginnen. Da das Mond-Jahr mit 12 Monaten und etwa 11 Tagen kürzer ausfällt als das Sonnen-Jagr wird alle zwei oder drei Jahre ein dreizehnter Monat gezählt. Das Frühlingsfest, also das Chinesische Neujahr des Mond-Jahres fällt damit immer in den Zeitraum zwischen dem 21. Januar und 21. Februar des Gregorianischen Kalenders.
Weil der traditionelle Chinesische Kalender sich nach den tatsächlichen Bewegungen von Sonne und Mond richtet, beruht seine Berechnung nicht auf Mittelwerten wie der Gregorianische Solarkalender oder der jüdische Lunisolarkalender und ist dementsprechend kompliziert zu kalkulieren.
Der Japanische Kalender
Japan gebrauchte bis zur Modernisierung in der Meji-Ära, in der ein solarer Kalender auf Basis des Gregorianischen eingeführt wurde, einen lunisolaren nach dem Vorbild des Chinesischen. Diese Einteilung des Jahres spielt jedoch heute kaum noch eine Rolle – allein die jahreszeitlichen 24 Perioden, sekki (Japanese: 二十四節気; rōmaji: nijūshi sekki), und deren weitere Teilung in 72 Jahreszeiten, kō, finden sich hier und da noch im alltäglichen Sprachgebrauch wieder. Die sekki entsprechen den Jieqi des Chinesischen Kalenders. Die japanischen kō haben ihre Entsprechung in den chinesischen hòu.
Die 24 Perioden und 72 Jahreszeiten
Nr | China | Japan |
---|---|---|
I | Lì chūn (立春) : Frühlingsanfang | Risshun (立春) : Frühlingsbeginn |
1 | Der Ostwind vertreibt die Kälte | Der warme Wind (Ostwind) taut das Eis |
2 | Winterschlafende Wesen beginnen sich zu bewegen | Japanbuschsänger beginnt in den Bergen zu singen |
3 | Die Fische tauchen zum Eis empor | Die Fische tauchen aus dem Eis auf |
II | Yǔ shuĭ (雨水) : Regenwasser | Usui (雨水) : Regenwasser |
4 | Otter opfern Fisch | Der Regen nässt den Boden |
5 | Wildgänse ziehen nach Norden | Die Nebel beginnen zu verweilen |
6 | Pflanzen knospen und wachsen | Das Grass sprießt und Bäume knospen |
III | Jīng zhé (惊蛰) : Das Erwachen der Insekten | Keichitsu (啓蟄) : Erwachen der winterschlafenen Insekten |
7 | Pfirsichbäume beginnen zu blühen | Winterschlafene Insekte brechen hervor |
8 | Der Pirol singt | Die ersten Pfirsichblüten |
9 | Falken verwandeln sich zu Tauben | Aus Raupen werden Schmetterlinge |
IV | Chūn fēn (春分) : Märztagundnachtgleiche; Frühlingsmitte | Shunbun (春分) : Frühlingstagundnachtgleiche, Mitte des Frühlings |
10 | Schwalben kommen an | Die Sperlinge bauen ihre Nester |
11 | Der Donner lässt seine Stimme erklingen | Die ersten Kirschblüten |
12 | Blitze werden sichtbar | Donner in der Ferne |
V | Qīng míng (清明) : Reine Helligkeit | Seimei (清明) : Klar und hell |
13 | Die Paulownien beginnt zu blühen | Die Rückkehr der Schwalben |
14 | Wühlmäuse verwandeln sich in Wachteln | Wildgänse fliegen nordwärts |
15 | Regenbögen beginnen zu erscheinen | Erste Regenbögen |
VI | Gŭ yŭ (谷雨) : Kornregen | Kokuu (穀雨) : Korn Regen |
16 | Die Entengrütze beginnt zu wachsen | Das erste Schilf sprießt |
17 | Gurrende Tauben schlagen ihre Flügel | Der letzte Frost, die Reissetzlinge wachsen |
18 | Haubenvögel leuchten auf Maulbeerbäumen | Päonien blühen |
VII | Lì xià (立夏) : Sommeranfang | Rikka (立夏) : Sommerbeginn |
19 | Grüne Frösche quaken | Frösche beginnen zu singen |
20 | Regenwürmer erscheinen | Die Würmer kommen hervor |
21 | Schlangenhaargurken wachsen | Die Bambussprossen kommen |
VIII | Xiǎo mǎn (小满) : Kornfülle (Die Wesen erstarken) | Shōman (小満) : Kleine Korn Fülle |
22 | Die Gänsedisteln säen sich aus | Seidenwürmer laben sich an Maulbeerblättern |
23 | Hirtentäschel stirbt | Öldisteln blühen |
24 | Die leichte Hitze beginnt | Der Weizen reift und wird geerntet |
IX | Máng zhòng (芒种) : Korn in der Ähre (Hirse Aussaat) | Bōshu (芒種) : Korn in der Ähre |
25 | Gottesanbeterinnen schlüpfen | Gottesanbeterinnen schlüfen |
26 | Würger beginnen zu schreien | Aus faulem Gras werden Glühwürmchen |
27 | Die Nachtigallen hören auf zu singen | Die Pflaumen werden gelb |
X | Xià zhì (夏至) : Sommersonnenwende (Sommermitte) | Geshi (夏至) : Sommersonnenwende |
28 | Die Hirsche werfen das Geweih ab | Natsukarekusa welkt |
29 | Die Zikaden fangen an zu singen | Die Iris blüht |
30 | Die dreizählige Pinellie wächst | Die Dreizählige Pinellie sprießt |
XI | Xiǎo shǔ (小暑) : Kleine Hitze | Shōsho (小暑) : Kleine Hitze |
31 | Warme Winde kommen | Warmer wind weht |
32 | In den Wänden leben Grillen | Der erste Lotus erblüht |
33 | Junge Falken lernen fliegen | Falken lernen fliegen |
XII | Dà shǔ (大暑) : Große Hitze | Taisho (大暑) : Große Hitze |
34 | Verrottendes Gras wird zu Glühwürmchen | Die Paulownien-Samen reifen heran |
35 | Der Boden ist feucht und die Luft heiß | Die Erde ist feucht und die Luft schwül |
36 | Große Regenfälle kommen häufig | Starker Regen fällt einstweilen |
XIII | Lì qiū (立秋) : Herbstbeginn | Risshū (立秋) : Herbstbeginn |
37 | Kühle Winde kommen | Kühler Wind weht |
38 | Weißer Tau fällt | Abendzikaden singen |
39 | Herbstzikaden zirpen | Dichter Nebel fällt |
XIV | Chǔ shǔ (处署) : Die Hitze zieht sich zurück (Ende der Hitze) | Shosho (処暑) : Ende der Hitze |
40 | Die Falken opfern Vögel | Baumwollblüten erblühen |
41 | Himmel und Erde verhärten sich | Die Hitze schwindet |
42 | Das Korn sammelt sich auf der Tenne | Der Reis reift |
XV | Bái lù (白露) : Weißer Tau | Hakuro (白露) : Weißer Tau |
43 | Wildgänse kommen | Tau glänzt silbern auf dem Gras |
44 | Schwalben ziehen fort | Bachstelzen singen |
45 | Alle Vögel lagern Vorräte ein | Die Schwalben ziehen fort |
XVI | Qiū fēn (秋分) : Herbsttagundnachtgeiche (Herbstmitte) | Shūbun (秋分) : Herbsttagundnachtgleiche, MItte des Herbstes |
46 | Der Donner zügelt seine Stimme | Der Donner verhallt |
47 | Die winterschlafenden Wesen verschließen ihre Höhlen | Insekten vergraben sich |
48 | Gewässer fallen trocken | Die Reisbauern legen die Felder trocken |
XVII | Hán lù (寒露) : Kalter Tau | Kanro (寒露) : Kalter Tau |
49 | Wildgänse sind zu Gast | Die Wildgänse kommen zurück |
50 | Die Spatzen fliegen ins Meer und werden Muscheln | Chrysanthemen blühen |
51 | Chrysanthemen zeigen ihre gelben Blüten | Grillen zirpen an der Tür |
XVIII | Shuāng jiàng (霜降) : Frost | Sōkō (霜降) : Frostfall |
52 | Wölfe opfern große Tiere | Der erste Frost |
53 | Die Blätter der Pflanzen werden gelb und fallen | Manchmal fällt ein leichter Regen |
54 | Alle winterschlafenden Tiere dringen in die Tiefe | Ahorn und Efeu färben sich gelb |
XIX | Lì dōng (立冬) : Winteranfang | Rittō (立冬) : Beginn des Winters |
55 | Gewässer frieren ein | Kamelien blühen |
56 | Der Boden wird hart | Das Land beginnt zu frieren |
57 | Die Fasane steigen ins Wasser und werden zu Muscheln | Narzissen blühen |
XX | Xiăo xuě (小雪) : Leichter Schnee | Shōsetsu (小雪) : Der Kleine Schnee |
58 | Regenbögen verstecken sich und werden unsichtbar | Die Regenbögen verstecken sich |
59 | Der Himmelsäther steigt auf, der Erde Äther steigt hinab | Nordwinde wehen die Blätter von den Bäumen |
60 | Alles ist verschlossen und der Winter voll ausgeformt | Die Blätter der Tachibana Orange färben sich gelb |
XXI | Dà xuě (大雪) : Starker Schnee | Taisetsu (大雪) : Der Große Schnee |
61 | Der Braune Ohrfasan hört auf zu rufen | Die Kälte setzt ein, der Winter beginnt |
62 | Tiger beginnen sich zu paaren | Die Bären ziehen sich in ihre Winterhöhlen zurück |
63 | Die Schwertlilien sprießen auf | Der Lachs sammelt sich und schwimmt flußaufwärts |
XXII | Dōng zhì (冬至) : Wintersonnenwende (Wintermitte) | Tōji (冬至) : Wintersonnenwende, Mitte des Winters |
64 | Die Regenwürmer rollen sich zusammen | Natsukarekusa sprießt |
65 | Der Davidshirsch verliert sein Geweih | Die Hirsche verlieren ihr Geweih |
66 | Wasserquellen sprudeln auf | Unter dem Schnee keimt der Weizen |
XIII | Xiăo hán (小寒) : Kleine Kälte | Shōkan (小寒) : Kleine Kälte |
67 | Wildgänze ziehen zu ihrer nördlichen Heimat | Die Mitsuba wächst |
68 | Elstern bauen Nester | Frühlingstau |
69 | Fasane beginnen zu rufen | Fasane beginnen zu rufen |
XIV | Dà hán (大寒) : Große Kälte | Daikan (大寒) |
70 | Die Hennen fangen das Brüten an | Pestwurz treibt aus |
71 | Raubvögel fliegen hoch und schnell | Auf den Flüßen wird das Eis dicker |
72 | Flüsse und Seen sind dick zugefroren | Die Hennen beginnen Eier zu legen |
72 Mikro-Jahreszeiten / Hòu 候 / Kō 候 in arabischer Zählung
Quellen:
Chinesische Pentaden übersetzt nach: Xinxian, Z. (2018). Animals as Wonders: Writing Commentaries on Monthly Ordinances in Qing China. In R. Sterckx, M. Siebert, & D. Schäfer (Eds.), Animals through Chinese History: Earliest Times to 1911 (pp. 217-232). Cambridge: Cambridge University Press. doi:10.1017/9781108551571.013
Japanische Pentaden: Japan’s 72 Micro-Seasons, Seasons in Japan and Japanese Calendar Part 1, Seasons in Japan and Japanese Calendar Part 2,